Rückblick der Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung in Kooperation mit der Unternehmerschaft

„Wer viel zahlt, bekommt auch viel!“

Wie zukunftsfest sind die sozialen Sicherungssysteme und wie sieht der Arbeitsmarkt der Zukunft aus? In Kooperation mit der Unternehmerschaft der Metall- und Elektroindustrie zu Mönchengladbach e.V. (UME) und der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) lud die Friedrich-Naumann-Stiftung für Freiheit zu einer Vortragsveranstaltung mit anschließender Diskussionsrunde ins Haus Erholung ein. Wie mit der demografischen Herausforderung umzugehen ist, stellte Deutschlands „Renten-Papst“ Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Professor für Finanzwissenschaft und Direktor des Forschungszentrums Generationsverträge an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, in einem launischen Impulsvortrag bewusst provokativ vor.  

In seiner Begrüßungsrede machte zunächst Albrecht Driescher, Vorsitzender der Unternehmerschaft der Metall- und Elektroindustrie deutlich, wie sich der Arbeitsmarkt der Zukunft verändern wird. Im Jahr 2030 wird die Zahl der Erwerbstätigen um sechs Millionen sinken. Schon jetzt sind rund 237.000 Stellen in der Metall- und Elektroindustrie unbesetzt. Raffelhüschen ist bekannt für seine wenig zimperliche Art und schob den „Grau-Melierten“ in seinem Vortrag gleich den „Schwarzen Peter“ zu: „Sie sind schuld! Sie haben zu wenig Kinder in die Welt gesetzt. Und selbst wenn sie jetzt nach Hause gehen und Kinder zeugen würden, würden sie das nicht verändern können.“

Denn Fakt ist: Die Gesellschaft altert rapide. Während auf der einen Seite immer weniger Erwerbstätige in die Rente einzahlen, vergrößert sich die Anzahl der Rentner unaufhaltsam. Wer in den 60er Jahren in Rente gegangen sei, habe gut 45 Jahre eingezahlt und 10 Jahre davon gelebt, so der Professor aus Freiburg. Heute leben Rentner durchschnittlich 20 Jahre von ihren Bezügen und hätten vielleicht maximal 40 Jahre eingezahlt. Um das Rentensystem sorgt sich Raffelhüschen allerdings nicht. „Das ist leistungsgerecht. Wer viel zahlt, bekommt auch viel.“ Keine Option sei die Anhebung der Rentenbeiträge, da die nachfolgende Generation ohnehin schon stärkeren Belastungen ausgesetzt ist, so der Gastredner. Wohl aber die Anhebung des Renteneintrittsalters! „Andere Länder sind da weiter. In Norwegen liegt das Eintrittsalter bei 70 Jahren. Völlig fatal war übrigens die Entscheidung von Andrea Nahles, die Rente auf 63 Jahren zu senken“, kritisiert der Wissenschaftler.

Dass die zunehmende Migration den Demografiewandel abfedern könne, glauben weder Raffelhüschen noch Prof. Dr. Tilman Mayer, Vorsitzender der Gesellschaft für Deutschlandforschung und von 2010 bis 2016 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Demographie, die zusammen mit Otto Fricke, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP und Experte für Haushaltspolitik, bei der anschließenden Podiumsdiskussion ins Detail gingen. Für Raffelhüschen und Mayer vergrößert sich sogar das Problem, weil viele „Gering- oder Gar nicht-Qualifizierte“ nach Deutschland kommen und Transferleistungen beziehen, obwohl sie so gut wie gar nicht oder nie in das System eingezahlt hätten.

Die größten Baustellen sieht Raffelhüschen bei der Gesundheit und Pflege. Er vertritt einen klaren Standpunkt: „Die Gemeinschaft kann hier nicht mehr alle Leistungen finanzieren. Wer kann, muss selbst dazu beitragen.“ Desweiteren plädiert der „Renten-Papst“ für eine Entkoppelung der Gesundheitskosten vom Lohn. Bei der Pflege bringt der Wissenschaftler eine Karenzzeit ins Spiel. Das erste Jahr lang sollen Pflegebedürftige für die Kosten aufkommen. Nur bei Härtefällen würde die Gemeinschaft einspringen. „Das hat vor der Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 ja auch geklappt. Anders geht es nicht.“ Raffelhüschen präsentierte auch weitere Lösungen, um die Sozialsysteme anzupassen: die Einführung von lohnunabhängigen und sozial abgefederten Gesundheitsprämien sowie einen Selbstbehalt für ambulante Leistungen.

Moderiert wurde die Veranstaltung von n-tv-Moderatorin Bianca Thomas. Im Rahmen der Veranstaltung gab es außerdem die Möglichkeit, einen ironischen Blick auf die Karikaturenausstellung „Sieben Jahrzehnte Soziale Marktwirtschaft“ zu werfen, in der 31 Karikaturisten 70 gezeichnete Schlaglichter zur Sozialen Marktwirtschaft zur Schau stellen.

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