Interview mit Schorch-Ausbildungsleiter Rainer Koch

 

INTERVIEW MIT SCHORCH-AUSBILDUNGSLEITER RAINER KOCH

 

„Da schlummern Potenziale“

Vom 20. bis 24. Juni bietet die erste „Schülerwoche der Metall- und Elektroindustrie“ eine Fülle an Infos für den technikinteressierten Nachwuchs an. Am Freitag, 24. Juni, lernen Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 und 10 in der Lehrwerkstatt von ATB Schorch und GE Grid Ausbildungsberufe wie den Industrie- und Zerspanungsmechaniker, Fachkraft für Metalltechnik oder den Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik kennen. Im Interview verrät Ausbildungsleiter Rainer Koch, was sich in den letzten Jahren verändert hat und wie das Anforderungsprofil für Schülerinnen und Schüler heute aussieht.

Herr Koch, Sie haben 1982 ihre Ausbildung bei Schorch gemacht. Wenn Sie Ihre Ausbildung mit der heutigen Zeit vergleichen – hat sich viel verändert?

Das kann man gar nicht vergleichen. Ich habe die Ausbildung zum Elektromaschinenbauer gemacht. Heute heißt der Ausbildungsberuf „Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik“. Wie der Name schon sagt, spielt heute die Elektronik eine ganz entscheidende Rolle. Das Anforderungsprofil ist heute ein ganz anderes. Die Azubis müssen sich deutlich mehr Wissen aneignen. Die Aufgabenstellungen sind wesentlich komplexer geworden. Wer sich für Technik begeistert, wird dadurch aber auch einen spannenden und abwechslungsreichen Job in der Metall- und Elektroindustrie finden.

Sich das nötige Wissen anzueignen, ist im Internetzeitalter sicherlich einfacher, oder?

Das stimmt! Wenn ein Begriff oder ein Verfahren unklar ist, gebe ich den Begriff bei einer Suchmaschine ein und werde mit einem Klick fündig. Wir mussten früher noch mühsam in Büchern nachschlagen. Das ganze Wissen ist praktisch mit einem Mausklick verfügbar. Komischerweise nutzen die meisten Auszubildenden diese Möglichkeit aber selten.

Das ist überraschend. Warum ist das so?

Bequemlichkeit? Fehlende Motivation? Ich weiß es nicht. Ich kann nur sagen, dass die Bereitschaft, außerhalb der Arbeitszeit zu lernen und sich das Wissen für einen Job anzueignen, eher abgenommen hat. Die heutigen Auszubildenden trennen diese Dinge ganz genau. Job ist Job und Freizeit ist Freizeit. Ich will mal ein Beispiel nennen: Um sich auf die Prüfungen gut vorbereiten zu können, haben wir den Azubis für einen anstehenden Brückentag Prüfungsaufgaben mit nach Hause gegeben. Nicht einer hat das Angebot genutzt. Begründung: Der Brückentag ist ein Urlaubstag!

Stimmt es eigentlich, dass die schulischen Leistungen nicht mehr dem Niveau früherer Tage entsprechen?

Im Durchschnitt muss man heute schon deutliche Abstriche machen. Das ist leider so. Darüber hinaus fehlen elementare Grundkenntnisse, die im Job überaus wichtig sind. Wenn bei uns beispielsweise Gymnasiasten ihre Ausbildung machen, sind sie in der Kurvendiskussion gut geschult, können aber keine einfachen Flächen berechnen oder eine Dreisatzaufgabe lösen. Da müssen dann die Unternehmen in eigenen Unterrichtseinheiten Nachhilfe leisten.

Würden Sie sich wünschen, dass in den Schulen mehr Wert auf praktischen Technikunterricht gelegt wird?

Der wird als Wahlpflichtfach zum Teil angeboten. Der Werkstoff ist zwar Holz und nicht Metall, aber das ist in Ordnung. Auch mit Holz bekommt man schon ein handwerkliches Gefühl für die Bearbeitung eines Werkstoffes. Aber grundsätzlich sollte man den Praxisanteil an Schulen für Technikinteressierte deutlich erhöhen.

Müssen wir uns um die Zukunft der Metall- und Elektroindustrie Sorgen machen?

Nein, bestimmt nicht. Wir waren zu unserer Ausbildungszeit sicherlich auch keine Musterschüler. Wenn Unternehmen wissen, wie sie auf den Nachwuchs zugehen müssen, Angebote schaffen, und Begeisterung wecken, sind Jugendliche durchaus bereit, zu lernen und aktiv mitzuarbeiten. Darüber hinaus muss die Metall- und Elektroindustrie sicherlich auch verstärkt auf Mädchen zugehen. Wir haben derzeit beispielsweise 30 ausschließlich männliche Auszubildende. Das ist schade! Da schlummern Potenziale, die die Branche nutzen könnte, wenn wir uns verstärkt auch um den weiblichen Nachwuchs kümmern. Wir dürfen allerdings nicht den Fehler machen, die heutige Generation mit früheren Generationen zu vergleichen. Das wäre nicht fair. Man muss sich auf neue Sicht- und Arbeitsweisen einstellen. Unternehmen, die das schaffen, werden auch morgen noch qualifizierte Fachkräfte finden.

Ausbildung bei Schorch / GE Grid

In der Lehrwerkstatt von Schorch und GE Grid starten pro Jahr 10 Auszubildende in ihren Beruf. Ausgebildet werden Elektroniker für Maschinen und Antriebstechnik, Fachkräfte für Metalltechnik sowie Industrie- und Zerspanungsmechaniker.

Anhängendes Bild:

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Rainer Koch, Ausbildungsleiter bei Schorch, und Ausbilder Michael Koch (li.) stehen beim Tag der Ausbildung als Ansprechpartner für Fragen zur Verfügung. Sie zeigen auf, was auf potenzielle Bewerber in der Metall- und Elektroindustrie zukommt.